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Antibiotika in Aktion

Der Prozess der Proteinbiosynthese und die Apparate an denen diese vonstatten geht, die Ribosomen, werden von einer Variation von Antibiotika attakiert. Der hochkomplexe Prozess besteht selbst in viele kleine ‚unter-Prozesse‘ während denen die (molekularen) Strukturen der Ribosomen und der beteiligten Faktoren signifikant ‚in Bewegung‘ sind.

Um Proteine nach der Vorgabe des genetischen Codes am Ribosom zu Produzieren müssen erst einmal die separaten ribosomalen Untereinheiten zusammenkommen, messenger-RNA, tRNA und verschiedene Faktoren am richtigen Ort in der richtigen Konformation binden ohne das diese in ihrer Bewegung behindert sind um eine stetige Produktion von Proteinen zu gewährleisten die für das Überleben und die Teilung der Zellen notwendig sind.

Struktur der großen ribosomalen Untereinheit von Deinococcus radiodurans mit einem Antibiotikum im Tunnel und verschiedenen Antibiotikastrukturen drumherum.

Im laufenden Translationsapparat wirken Antibiotika wie Sand im Getriebe: Die Apparatur bekommt Probleme und bleibt möglicherweise stehen. Einige Antibiotika verhindern bereits den korrekten Zusammenbau der Translations-Maschienerie so dass die Produktion von Proteinen gar nicht erst starten kann.

Der Angriffsmechanismus der Antibiotika lässt sich im grunde genommen auf drei einfache Handlungen reduzieren: behindern, begrenzen und blockieren.

  • des Tunnels, durch den die native Aminosäurekette, das ‚rohe‘ Protein, das Ribosom verlässt.
  • die korrekte Bindung von messenger RNA, transfer RNAs und sowie der am Prozess beteiligten Faktoren.
  • die notwendige ‚Bewegung‘ der Moleküle während des Prozesses.
In der Mitte: Die Angriffsziele der Antibiotika in den 3 Hauptzyklen des Translatiosprozesses.
In der Mitte: Die Angriffsziele der Antibiotika in den 3 Hauptzyklen des Translatiosprozesses.

Einfache Visualisierung des Wirkmechanismus eines Antibiotikums


Das Antibiotikum Tiamulin (Anwendung bei Tieren) bindet an einer Stelle nahe dem Peptidyl-Transferase-Zentrums im oberen Teil des ribosomalen Tunnels. Die Darstellun des ribosomalen Tunneleingangs mit und ohne gebundenes Antibotikum zeigt auf einfache Weise dessen Wirkmechanismus (blockieren). Darstellung eines Teils der ribosomalen 16S-RNA als Stabmodell umgeben von einer semitrasparenten Elektronendichtehülle, ebenso Tiamulin in der Mitte des Tunnel-Eingangs (links).

Manchmal wirkt es, manchmal nicht …


Unabhängig ob Bakterien oder Säugetiere, Ribosomen un der Translations-Prozess unterscheiden sich hauptsächlich in Größe und Zusammensetzung der ribosomalen Teile oder involvierten Faktoren, also im Prinzip nur im Detail. Aus medizinischer Sicht sind diese Details jedoch enorm wichtig: Spezifische Antibiotika sollen am besten nur die ‚bösen Bakterien‘ nicht aber die Säugetierzellen oder die ’nützlichen Bakterien‘ in deren Körper angreifen.

Antibiotika wie z.B. Streptomyzin, Anisomyzin, Tetrazykline, Spectinomyzin, Erythromyzin oder Clindamyzin (teilweise für den Menschen zugelassen) interagieren nur mit spezifischen Bakterienarten oder deren Ribosomen aber nicht mit den Säugetier-Zellen oder -Ribosomen und im optimalen Fall auch gar nicht mit den ’nützlichen Bakterien‘. In der Realität gibt es aber fast immer einen Kolateralschaden an den ’nützlichen Bakterien‘ z.B. in Magen und Darm.

Oben: Ein einfaches Beispiel warum Antibiotika nicht auf alle Bakterien wirken. Obwohl die Struktur der beiden Bakterienarten sich nur sehr gering lokal unterscheidet, ändert diese variation in der Zusammensetzung der 16S RNA zu einer veränderten Bindungsumgebung, so daß das Antibiotikum nicht mehr binden kann. In diesem Falle ist einfach nicht genügend Platz zum Binden (das Antibiotikum überlappt mit der semitransparenten Elektronendichtehülle der RNA Struktur).  Manches mal führt die einfache Veränderung eines Bausteins der ribosomalen RNA auch nur zu einer veränderten chemischen Umgebung die aber ebenso das Binden des Antibiotikums verhindern kann. Dies ist z.B. sehr oft bei Mutationen von Bakterien der Fall, bei denen das Antibiotikum nicht mehr wirkt.

H25,L21 + L20

Es gibt aber auch große Unterschiede in den Strukturen der Bakterien. Hier ein Beispiel in dem ein Teil des ribosomalen RNA-Strangs (transparent, silber) und ein Protein (transparent, lila) im laufe der Evolution durch zwei andere Proteine (rot, orange) ersetzt wurden. Man kann sich leicht vorstellen, daß ein Antibiotikum, welches in dieser Gegend an einem Bakterium bindet nicht die gewünschte Umgebung in dem anderen Bakterium finden wird um auch an diesem zu agieren.

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